Gamesstandort Bayern: Studieren in Bayreuth (1/2)

Ein Blick auf die gamesmap zeigt, dass sich die bayerische Gamesbranche über den gesamten Freistaat verteilt. In einer neuen Artikelreihe stellen wir euch verschiedene Städte, Regionen und Hochschulen vor, die zur Vielfältigkeit des Gamesstandorts Bayern beitragen.

Den Startschuss gibt Bayreuth: Die oberfränkische Stadt kann in den letzten Jahren einen Anstieg an Neugründungen von Gamesfirmen verzeichnen. Dazu trägt nicht zuletzt die Universität Bayreuth bei, die immer mehr zu einem Kreativzentrum für Nachwuchs Entwickler avanciert.

Bildquellen: https://www.inbayreuth.de/bayreuth_uebersicht/; https://www.bayreuth.de/bildungsstadt-bayreuth-hat-die-nase-vorn/uni-klein_/

Im ersten Teil des zweiteiligen Bayreuth-Fokusses werfen wir einen Blick auf Universität und Studium. Der zweite Teil wird verschiedene neu gegründete Firmen bei ihrem Weg aus der Uni heraus in die Industrie begleiten.

Etwa 75.000 Menschen leben in der Wagnerstadt – fast 14.000 davon sind Studierende an der Campusuni. Diese erweiterte ihr Angebot von gamesbezogenen Studiengängen in den letzten Jahren stark.

Bachelorstudiengänge: Games in den Medienwissenschaften und in der Informatik

Games spielen an der Uni Bayreuth vor allem an den Lehrstühlen für Informatik und Medienwissenschaft eine Rolle. Besonders die Bachelor-Studiengänge “Medienwissenschaft und Medienpraxis” sowie “Angewandte Informatik” bieten einen Zugang zur Games-Entwicklung. Beide Studiengänge ermöglichen es, über das Nebenfach Kurse des jeweils anderen Studiengangs zu belegen.

In der Angewandten Informatik wurde der Bezug zur Spieleentwicklung mit dem Lehrstuhl für Serious Games gestärkt. Hier widmet man sich Fragen der Mensch-Computer-Interaktion auch aus der Perspektive von Spielen. Studien des Lehrstuhls werden hauptsächlich mit Game Engines umgesetzt. Die Angewandte Informatik behandelt aber auch an andere Stelle die Entwicklung von Algorithmen für Computerspiele. Zum Beispiel gibt es einen C++ Kurs sowie Kurse des Lehrstuhls für graphische Datenverarbeitung.

In der Medienwissenschaft sind Games ein möglicher Fokus-Punkt für Studierende. Der Bachelorstudiengang “Medienwissenschaft und Medienpraxis” (MeWiP) deckt die ganze Bandbreite der Spieleentwicklung ab – von 3D-Modellierung über Game Design bis zum Umgang mit Game Engines. Darüber hinaus beinhaltet er im Bereich der Game Studies die theoretische Auseinandersetzung mit dem Medium Computerspiel. Studierende können sich zusätzlich mit anderen audiovisuellen Medien wie dem Film auseinandersetzen. Erwähnenswert sind auch die vielen studentischen Projekte, die die Studierenden in Eigeninitiative starten und die von DozentInnen unterstützt werden.

Erfahrungen aus dem Bachelor “Medienwissenschaft und Medienpraxis”

Die MeWiP-Studierenden können in vielen verschiedenen Berufsfeldern Fuß fassen. Timo Radzik zum Beispiel arbeitete als PR-Berater für internationale Kunden, bevor er zu Siemens ging, und Jonas Hüsges ist inzwischen Publishing Director bei Daedalic Entertainment. Wir haben hier ihre Erfahrungen aus dem Studium für euch.

“Das Studium der Medienwissenschaft in Bayreuth hat mich perfekt auf meine damalige Arbeit als PR-Berater für Kunden wie Nintendo oder Playstation vorbereitet. Das fundierte Wissen über Spielentwicklung half mir, nicht nur die besonderen Features eines Spiels besser zu kommunizieren sondern auch kreativiere PR-Maßnahmen zu entwickeln. Ich arbeite zwar nicht mehr in der Spielebranche, doch sowohl die Prinzipien des Projektmanagements als auch das Verständnis über interaktive Plattformen, die ich im Studium gelernt habe, lassen sich in meinem Job als Data Analyst und Project Owner bei Siemens anwenden.”

Timo Radzik, Data Analyst bei Siemens (Bild: privat)

Jonas erzählt in einem Interview über seinen Weg zu einer der bekanntesten Gamesfirmen in Deutschland, teilt Tipps zu Studium und Berufseinstieg und lädt zum Austausch ein. Das ganze Interview mit ihm könnt ihr hier nachlesen. Was er über seine Zeit in Bayreuth sagt:

“Das Studium hat mir durchaus in meiner Entwicklung innerhalb des Unternehmens [Daedalic Entertainment] geholfen. In meiner Position sind sowohl breites Wissen über den Spielemarkt und seine Historie als auch betriebswirtschaftliche Kenntnisse essenziell. Das Studium der Medienwirtschaft gerade in der Kombination mit Wirtschaftswissenschaften hat da entscheidende Grundlagen gelegt auf die ich gut aufbauen konnte und kann.”

Jonas Hüsges, Publishing Director bei Daedalic Entertainment GmbH (Bild: privat)

Tiefer einsteigen mit Master und Promotion

An ihren Bachelorabschluss in der Informatik oder Medienwissenschaft können Studierende dann den Master “Computerspielwissenschaften ” anschließen.

Hierbei bietet Bayreuth ein umfangreiches Kursportfolio an. In dessen Rahmen setzen sich die Studierenden praktisch und theoretisch mit Videospielen, ihrer Gestaltung und Programmierung auseinander. Unterschiedliche Spezialisierungen sind dabei möglich.

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Für alle, die noch tiefer einsteigen wollen, besteht die Möglichkeit einer Promotion. Interessierte können sich im Promotionsprogramms Computerspielwissenschaften (Computer Game Studies) durch ein individuelles Trainingsprogramm und fachliches Mentorat beim Schreiben ihrer Doktorarbeit fordern und fördern lassen.

“Das Studium der Computerspielwissenschaften hat mir ermöglicht, mich intensiv sowohl theoretisch als auch praktisch mit dem Medium „Computerspiel“ auseinanderzusetzen, und mir dabei den Freiraum gelassen, mich selbst zu entfalten und herauszufinden, welche Bereiche ich in der Spieleentwicklung und -theorie für mich am spannendsten finde – was in meinem Fall das Level Design war. An dem Studium hat mir vor allem die Themenvielfalt sowie der für eine Universität hohe Praxisanteil gefallen, wodurch es sehr abwechslungsreich war. Freie Projekte neben dem Studium fanden große Unterstützung von Seiten der Dozierenden und eigene Themenvorschläge waren auch immer willkommen. Durch das Engagement sowohl der Dozierenden als auch Studierenden gab es einiges an Spielkultur neben dem Studium zu erleben, z.B. Spieleabende, Gamejams, Soundtracks-Konzerte oder Screenshot-Wettbewerbe, was eine großartige Atmosphäre geschaffen hat, in der ich mich immer gerne aufgehalten habe.”

Hannah Kümmel, Game Designerin bei 5th Planet Games (Bild: privat)

Game Innovation Lab: Gemeinsam spielen, entwickeln und forschen

Die Anlaufstelle zum gemeinsamen Spielen, Entwickeln und Erforschen von Spielen ist in Bayreuth das Game Innovation Lab (GiL). Das Lab ist nicht nur der Raum – und in Zeiten von Corona der Discord-Server -, wo sich die Studierenden zu Spieleabenden und Projektarbeiten treffen können. Vor allem ist es eine Gemeinschaft, die leidenschaftlich spielt, Spiele macht und dazu forscht. 

Mit der Unterstützung des ZD.B und gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst wurde das GiL 2017 offiziell gegründet. Gemeinsam mit weiteren Innovationslaboren wird es durch das Bayerische Forschungsinstitut für digitale Transformation (bidt) koordiniert. Das GiL fokussiert sich dabei zum einen auf der Entwicklung hybrider Spielformate mit Mixed-Reality-Technologien. Zum anderen werden die Bedeutung von Spielen und spielerischen Arbeitsweisen für die kreative Arbeit in agilen Teams praktisch erprobt und erforscht.

Bilder: privat

Als studentisches Innovationslabor legt das GiL seine Schwerpunkte darauf, die Vorhaben der Studierenden durch eine technologische und räumliche Infrastruktur zu fördern. Begleitend werden Workshops und Coachings angeboten.

Die dabei entstehenden Projekte werden in den letzten Jahren durch die verstärkte Zusammenarbeit mit der universitätsinternen Gründungsförderung dabei unterstützt, ihre Ideen zu entwickeln, zu verwirklichen und nach der Veröffentlichung zu vermarkten. 

Die im Lab gepflegte Spielkultur schafft eine kreative Atmosphäre für den Austausch von Ideen und das gemeinsame Arbeiten – auch über den universitären Rahmen hinaus. So war Bayreuth im Jahr 2020 Deutschlands größte Location des Global Game Jams. Im Rahmen des Gamejams entstanden zahlreiche Spiele wie beispielsweise: Trümmerfrauen und I need Healing. Auch der Bayerische Rundfunk berichtete schon über den Bayreuther Gamejam.

Vom Studium zum eigenen Studio: Gründen in Bayreuth

Das Games Innovation Lab in Bayreuth ist der Kern einer entstehenden Gamesindustrie in der oberfränkischen Hauptstadt. Es ist das Ziel, Wissen von der Uni in die Stadt zu transferieren. So können Uni und Industrie auch langfristig eng miteinander verzahnt werden. 

Diese Agenda wird seitens der Universität mit dem Projekt GründerUni Bayreuth bearbeitet. Die GründerUni Bayreuth wurde 2019 im Rahmen des Wettbewerbs EXIST-Potentiale gefördert und baut das Angebot für junge GründerInnen sukzessive aus.

Die Games-Branche ist dabei ein Fokuspunkt. Das wird einerseits deutlich durch das Engagement vieler gamesbegeisterter InformatikerInnen, MedienwissenschaftlerInnen und ComputerspielewissenschaftlerInnen bei den Veranstaltungen der GründerUni ersichtlich. Andererseits beteiligte sich die GründerUni durch eigene Veranstaltungen wie einer gamesspezifischen Startup Lounge im Januar 2020.

Zu weiteren Veranstaltungen der GründerUni zählen die Ideation Week, das Social Entrepreneurship Camp oder regelmäßige Gründer Brunches, die interdisziplinär den Gründergeist am Campus fördern.

An der Uni Bayreuth und in der Stadt wächst der Gründer-Spirit und wird maßgeblich von Projekten und Startups in der Gamesbranche mitgetragen. Im zweiten Teil dieser Reihe folgt deswegen eine Vorstellung der Unternehmen und ihrer Projekte. Dabei beleuchten wir auch die unterschiedlichen Wege, die in die Gamesbranche führen und sprechen mit Vertretern aus der Branche vor Ort, unter anderem mit Emergo Entertainment, Pixel Beef Games und Sleeprunner Studios.

Dieser Artikel ist in Zusammenarbeit mit Studierenden und Mitarbeitern der Universität Bayreuth entstanden. Wir bedanken uns für die konstruktive Zusammenarbeit!

Wir sollen über eure Uni berichten oder darüber, was an eurem bayerischen Gamesstandort passiert? Dann schreibt uns an [email protected]!

Quelle Beitragsbild: https://www.bayreuth.de/bildungsstadt-bayreuth-hat-die-nase-vorn/uni-klein_/ ; https://www.uni-bayreuth.de/de/index.html